Interview mit Daniel Scheen-Pauls, Landtagsabgeordneter NRW Von Simmerath in den Landtag von NRW
„Ich möchte Dinge bewegen und meine Heimat prägen.“
Es ist schon etwas Besonders, mit gerade mal 31 Jahren als Landtagsabgeordneter seine Heimatregion im Landtag NRW vertreten zu dürfen. Daniel Scheen-Pauls ist dieses Kunststück geglückt und vertritt nun seit 2 Jahren die Eifelregion in allen politischen Belangen in Düsseldorf. Im Gespräch mit ihm wird schnell klar: diese 2 Jahre werden nicht die letzten sein. Der sehr sympathische und authentische Simmerather wächst immer mehr in seine Rolle und bleibt dabei seinen Wurzeln treu.
Was motiviert Sie Politik zu machen?
Ich habe Lust Politik zu machen, weil ich will, dass es meiner Heimat, der Gesellschaft, in der ich lebe einfach besser geht. In der Politik hat man den notwendigen Gestaltungsraum dafür, man kommt mit Leuten zusammen, die „Machen“ wollen. Daher ist das Zusammenspiel mit Geschäftsleuten, Ehrenämtlern und allen, die sich engagieren und gestalten wollen, so wichtig. Als Politiker sehe ich es als meine Aufgabe an, zuzuhören, Bedürfnisse zu verstehen und dann die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Wie empfinden Sie das politische Leben nach Ihren bisherigen Erfahrungen?
Intensiv. Weil es das komplette Leben umkrempelt. Plötzlich sind meine Arbeitswochen 7 Tage lang. Ich bin im ganzen Wahlbezirk von Kalterherberg bis Neulohn in Eschweiler nur unterwegs. Wenn ich nicht in Düsseldorf im Landtag bin, besuche ich Schützenfeste, Karnevalevents oder andere gesellschaftliche Veranstaltungen.
Worum geht es Ihnen bei den Besuchen von lokalen Events?
Wir Politiker reden immer darüber, Ehrenamt sei wichtig und müsse gefördert werden. Für mich ist die Präsenz auf derartigen Veranstaltungen eine Wertschätzung den Vereinen und Ehrenämtlern gegenüber. Daher möchte ich hier mit gutem Beispiel voran gehen.
Was sind für Sie Hauptanforderung an Politiker und an Sie selber?
Politiker sollten in meinen Augen transparent und kommunikativ sein. Dabei geht es vor allem darum, Menschen mit klaren und verständlichen Botschaften zu erreichen.
Zum anderen sollte man nahbar sein. Mein Anspruch ist es, für alle ein offenes Ohr zu haben, jeder kann mich anschreiben und bekommt auch eine Antwort.
Das dritte ist für mich der Wille, Dinge zu „machen“ und Probleme zu lösen. Ich erwarte, nicht nur über Dinge zu reden, sondern auch Entscheidungen zu treffen. Dabei ist Politik kein Nieschengeschäft. Wir müssen immer das Gesamtbild im Blick behalten und Entscheidungen zum Wohle der Leute treffen, auch wenn sie manchmal dem Einzelnen nicht gefallen.
Wie übertragen Sie politische Entscheidungen aus dem Landtag auf die lokale Ebene und umgekehrt?
Die Arbeit zwischen Kommunen und Land ist eng miteinander verzahnt. Alles, was im Landtag entschieden wird, muss irgendwann in den Kommunen umgesetzt werden. Wenn sich die Gesetzeslage ändert wie zum Beispiel kürzlich beim Wegfall der Straßenbaubeiträge werden die Kommunen per Brief vom Städte- und Gemeindebund über die Änderung informiert.
Anders herum sind wir mit unseren Bürgermeister/innen und auch den Fraktionen im engen Austausch, um zu verstehen, was ist in den Kommunen los. So versuchen wir im Landtag alles im Blick zu halten, um relevante Entscheidungen zu treffen.
Hinzukommt, dass viele von den Landtagsabgeordneten wie ich auch selber noch lokal politisch engagiert sind. Durch meine Funktion als Ratsmitglied und Ortsvorsteher bekomme ich lokale Themen unmittelbar mit und kenne den Handlungsbedarf. Egal ob der wackelnde Gullideckel oder fehlende Kitaplätze: die Aufgabe der lokalen Politik ist es, diese Themen in den Rat zu kommunizieren und dann auch mit in den Landtag zu nehmen. So können Themen auf Landesebene besprochen werden, die auf kommunaler Ebene alleine nicht gelöst werden können.
Was zeichnet Simmerath aus?
Der Satz „Leben, wo andere Urlaub machen“ ist sinnbildlich für uns. Simmerath hat einfach alles zu bieten. Von der Infrastruktur, dem Kaufangebot für den täglichen Bedarf bis hin zum Gesundheitsangebot vor Ort.
Außerdem schätze ich sehr das Vereinsleben und das Miteinander hier. Das funktioniert hier noch ganz anderes als in städtischen Regionen und prägt unser gesellschaftliches Leben.
Und nicht zu vergessen: unsere Nähe zum Nationalpark. Auch aus der Perspektive von jungen Familien: man fühlt sich hier sicher, gut behütet, einfach der ideale Ort, um Kinder aufwachsen zu sehen.
Simmerath, ein Leben wie in Bullerbü?
Wir sind hier keine rückschrittliche Region, aus der alle Jungen so schnell wie möglich wegziehen wollen. Im Gegenteil. Wir haben so viel Nachfrage nach Wohnraum gerade auch von Jungen, die nach der Ausbildung, Studium wieder zurückziehen wollen, die wir kaum decken können. Simmerath hat sich tatsächlich gegen den Trend entwickelt und wächst stetig an: heute liegen wir bei ca. 16.000 Einwohnern.
Kommt Simmerath bei soviel Nachfrage noch mit dem Ausbau der notwendigen Infrastruktur mit?
Wir wollen die Nachfrage, wir wollen Menschen für ein Leben in Simmerath begeistern. Daher arbeiten wir auch daran, das Angebot zum Beispiel an Kinder- oder Ganztagsbetreuung immer zu verbessern. Im Vergleich zu anderen Kommunen haben wir in fast jedem Dorf eine Kita und einen Spielplatz. Wir haben mehrere Grundschulen und bauen aktuell die Grundschule in Steckenborn sogar noch aus. Wir sind die einzige Kommune in der gesamten Region, die die offene Ganztagsbetreuung nicht in denselben Räumen stattfinden lassen will, wo morgens noch unterrichtet wird. Wir schaffen hier etwas, weil wir das politisch wollen. Genauso wie das Betreiben der beiden Schwimmbäder in Monschau und Simmerath. Das sind wichtige Angebote, für die wir stehen.
Was sind die größten Herausforderungen aus Ihrer Sicht?
Simmerath ist eine große Flächengemeinde, in der wir von der Natur, dem Tourismus und der Wirtschaft leben. Für mich ist der verantwortungsvolle Umgang mit unseren Flächen eine große Herausforderung. Ein Beispiel ist hier der Ausbau von Fotovoltaikanlagen. Bevor man dafür auf freie Flächen geht, sollte man meiner Meinung erst das Potential von Parkplätzen und Hausdächern voll ausschöpfen.
Wie geht es weiter mit der Klimapolitik?
Simmerath ist bei der Energieerzeugung ein absolutes Vorbild. Aktuell produzieren wir u.a. durch die Windkraftanlagen ca. 180% des Eigenstrombedarfs. In den nächsten Jahren wird diese Menge sogar noch verdoppelt. Dabei zahlt sich das Simmerather Modell für alle Bürger/innen aus: jeder Bürger/in spart heute schon ca. 200€ im Jahr ein, indem wir nicht die Grundsteuer erhöhen müssen. Bei einer 4-Köpfigen Familie sprechen wir von 800€ Einsparung im Jahr. So funktioniert auch Klimaschutz, indem man den Leuten erklärt, was die Gesellschaft und jeder Einzelne von den Maßnahmen hat.
Wie sehen Sie die Zukunft von einer ländlichen Region wie Simmerath, die mehr und mehr wächst?
Stichwort Mobilitätsausbau. Wir haben mit dem Ausbau des Liniennetzes, dem Netliner zur besseren Anbindung des Rurtals an den Zentralort und auch der Schnellbuslinie SB63 nach Aachen in den letzten Monaten viel erreicht. Ich persönlich finde es noch wichtiger, neben dem ÖPNV noch verstärkt auf E-Mobilität zu schauen und in die notwendige Infrastruktur zu investieren.
Viele Bürger/innen wollen bewusst den Charme des ländlichen Simmeraths nicht zerstören. Ist das zeitgemäß?
Menschen, die nach hier ziehen, erwarten ländliche Idylle, Ruhe, haben vielleicht sogar alte romantische Vorstellungen vom Landleben. Aber das entspricht nicht mehr der Realität. Wir sind eine moderne ländliche Region. Dabei macht es uns aus, Gutes zu bewahren und an Traditionen festzuhalten. Auf der anderen Seite stehen wir aber auch für ein modernes Leben. Diese zwei Seiten gehören beide zu unserer Identität.
Vielen Dank für das Interview!
Weitere Infos:
Und hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Kommentare