Foto @ SeniorenstiftSeligerGerhardSimmerath

Das selbstbestimmte Leben solange wie möglich aufrechterhalten 

Ein bisschen Melancholie liegt bei dem Gespräch mit dem Einrichtungsleiter des Seniorenstifts Seliger Gerhard Thomas Pulwey in der Luft. Soll es doch über das Pflegeangebot und die Berufung von Altenpfleger/innen gehen, steht doch fest, dass der Bezug einer Altenpflegeeinrichtung zumeist der letzte Umzug im Leben eines Menschen ist. 

Im Gespräch mit dem Einrichtungsleiter Thomas Pulwey sprechen wir über das Leben im Alter, die Notwendigkeit frühzeitig Balast abzuwerfen und auch über den Beruf des/r Altenpfleger/in.

In den letzten Jahren hat sich zunehmend ein Trend herausgestellt, wonach Senior/innen so lange wie möglich im häuslichen Umfeld bleiben. „Die Menschen, die in unsere Einrichtung kommen, sind mittlerweile deutlich älter und geschwächter als noch vor 15 Jahren. Es gibt nicht mehr die Bewohner, die acht bis neun Jahre bei uns leben. Das erklärt auch die immer kürzeren Verweildauern der Senior/innen die den Einrichtungen der Altenpflege,“ weiß Thomas Pulwey. „Das erfordert auch von den Pfleger/innen eine hohe emotionale Kompetenz, Menschen zu begleiten, zu verabschieden in immer kürzeren Abständen.“ 

Wie würden Sie im Alter die mögliche Pflegesituation vorbereiten?

„Ein selbstbestimmtes und autonomes Leben in häuslicher Umgebung sollte so lange wie möglich aufrechterhalten werden,“ sagt Thomas Pulwey, Leiter Seliger Gerhard Simmerath.

„Dafür muss man sich aber gut und vor allem frühzeitig organisieren. Ich denke da an unnötigen Ballast abwerfen, sich räumlich verkleinern und Dienstleistungen in Anspruch nehmen, die einem in den eigenen vier Wänden helfen: Lebensmittellieferungen, Wäscheservice, Aufräumen. Auch das Thema Nachbarschaftshilfe sollte wieder wichtiger werden.“ 

Und wenn dann doch ein Umzug in ein Pflegeheim ansteht, besteht dann die Sorge zu vereinsamen?

Die Einsamkeit ist zu Hause oftmals stärker als in einer Einrichtung. In der Gemeinschaft mit anderen Senioren und vielen jüngeren Menschen blühen viele Menschen wieder auf. Wir bieten viele Feste oder auch Angebote zur körperlichen und geistigen Gesunderhaltung an, was viel Abwechslung bringt. 

Zwischen Berufung und Wirtschaftlichkeit – ein Spagat 

Dennoch bewegt sich der Pflegeberuf zwischen Berufung und Wirtschaftlichkeit. Viele Fachkräfte wünschten sich mehr Zeit für ihre Arbeit. Das jedoch liegt nicht in den Händen der einzelnen Einrichtungen, sondern das ist in vorgegebenen Personalschlüsseln festgelegt. Solche Schlüsselberechnungsmodelle gibt es für jedes Bundesland, sie berechnen den verbindlichen Personalschlüssel aus Belegungszahl und Pflegegradmix. Der ist mit Kostenträgern, Krankenkassen und Pflegeversicherungen verhandelt und in Verträgen festgehalten. Den dürfen wir nicht unterschreiten und wenn wir ihn überschreiten, dann ist die Wirtschaftlichkeit eines solchen Hauses gefährdet.

Wie wird der Pflegebedarf einer Region und damit das Angebot festgelegt? 

Das Feststellen von Angebot und Nachfrage ist Gegenstand der „kommunalen Pflegebedarfsplanung“. Diese legt fest, wie viele Betten in der Region bevorratet werden müssen. Ich kann es nur aus meinem Alltagsgeschäft sagen: früher hatte ich vielleicht 15 Interessenten auf meiner Warteliste, heute sind es 100. 

Wie funktioniert die Warteliste? 

Wir führen ganz normale Wartelisten: eine für den geschlossenen Bereich und eine für den offenen Bereich. Diese Listen arbeiten wir der Reihe nach ab. Wer zuerst kommt, bekommt zuerst einen Anruf von uns, sofern ein Platz freigeworden ist.  

Was ist Ihr Tipp, wie sollte man vorgehen?

Im Rahmen der Möglichkeiten die jeder hat, sollte man versuchen so lange wie möglich im häuslichen Umfeld zu bleiben. Organisierten Sie sich dafür bestmöglich, das heißt zu Zeiten, sich von Ballast zu trennen d.h. nicht zur Geißel der eigenen Habe werden. Der Nutzen des Hauses steht nicht mehr in Relation zum Aufwand, den man damit hat. 

Ich denke mit den kommenden Generationen wird hier ein Sinneswandel stattfinden. Die jüngeren Generationen sind nicht mehr so besitzverhaftet. Wir können uns leichter trennen, Haus verkaufen und durch den Erlös die Serviceleistungen einkaufen, die uns ein autonomes Leben möglich machen. 

Was steht Ihrer Meinung dabei im Vordergrund?

Meiner Meinung nach müsste es noch viel mehr Dienstleistungspakete für Senioren geben, die das autonome Wohnen erleichtern: das Einkaufsangebot von lieferbaren Lebensmitteln gibt es zwar schon, sollte aber noch viel mehr ausgebaut werden. Angebote zum Beispiel zum Aufräumen, Wäscheservice, Gartenpflege in Kombination mit Nachbarschaftshilfe können das selbstgeführte Leben lange aufrechterhalten. 

Foto@SeligerGerhardSimmerath

Wie sehen Sie die Zukunft von Pflege, Pflegeheim und selbstgeführtem Leben im Alter?

Auch in unserem Bereich schlägt der demografische Wandel mit den kommenden Babyboomern voll durch: es gibt zu wenig junge Menschen, die die älter werdenden Menschen versorgen können. Ich sehe daher die Eigeninitiative und eigenes Zutun als sehr wichtig an, um die Lage zu entspannen. Auch wenn es vielleicht unbequem ist, sich schon frühzeitig über das Leben im Alter Gedanken zu machen, nur so kann es nach den eigenen Vorstellungen laufen. 

Was halten Sie von der Idee der Alters-WGs?

Bei den sogenannten Alters-WGs steckt die Idee dahinter, dass jeder etwas einbringt, was dem Kollektiv guttut. Kochen, Steuerberater, Handwerker… Ich glaube das ist so ein bisschen „Heile-Welt-Denken“. Wenn es Leute gibt, die sich darauf einlassen, gut. Aber ich denke, wir sind alles Individualisten, was so ein Kollektiv aus meiner Sicht schwierig macht. Wenn auch nicht hier in der Region, so gibt es doch betreute Wohngemeinschaften, angeboten von Institutionen mit personeller Unterstützung. 

Wie sehen Sie die Sorge vor Einsamkeit im Pflegeheim?

Die Einsamkeit ist zu Hause oftmals stärker als in einer Einrichtung. In der Gemeinschaft mit anderen Senioren und vielen jüngeren Menschen blühen viele Menschen wieder auf. Wir bieten viele Feste oder auch Angebote zur körperlichen und geistigen Gesunderhaltung an. 

Ein Wort zum Pflegeberuf als solchen: Ist der Beruf immer noch so unattraktiv wie man es in den Medien hört?

Finanziell gesehen ist der Pflegeberuf sogar ziemlich attraktiv geworden: 

Als examinierte Pflegekraft nach 3 Jahren Ausbildungszeit ohne Berufserfahrung in Vollzeit mit 6% Schichtzulagen verdient man 3.600€ brutto. 

Was den Pflegeberuf „unattraktiv“ macht ist, sind andere Faktoren. Man muss sich auf die Nähe mit Menschen einlassen können. Diese Voraussetzung hat nicht jeder. Außerdem liegt heute der Fokus vieler junger Menschen auf der Work-Life-Balance: Spät- und Wochenenddienste sind für viele junge Leute eine Herausforderung.  

Aber am meisten würde ich mir wünschen, dass das Betreuungsangebot und entsprechende Infrastruktur gerade für alleinerziehende Eltern besser wäre, damit sie Pflegeberufe ausüben können und die Kinder trotzdem gut versorgt wissen. 

Kontakt:

Seniorenstift Seliger Gerhard

Thomas Pulwey – Einrichtungsleitung

Kammerbruchstraße 8

52152 Simmerath


Email: thomas.pulwey@seliger-gerhard.de
Tel. 02473-92919-600

Weitere Informationen zum Seligen Gerhard findet ihr hier:

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Elena Schleth am 29.04.2024
Guten Tag, mein Name ist Elena Schleth und ich habe mich gemeinsam mit meiner Kollegin im September selbstständig gemacht. Da wir den hohen Bedarf an Unterstützung im Alltag für ältere Menschen in der Eifel wahrgenommen haben, sind wir seit September 2023 mit einem Betreuungsdienst gestartet. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht Menschen im alltäglichen Leben zu unterstützen, um länger in ihrem zu Hause bleiben zu können. Da ist es doch am schönsten :-)! Ebenso ist ein Mangel an Plätzen in Pflegeheimen nicht zu vergessen, somit springt immer mehr die Familie ein, um den Alltag für pflegebedürftige zu bewältigen und diese bei jeglichen Dingen zu unterstützen! Auch diese möchten wir mit unserem Betreuungsangebot entlasten. Wir sind Betreuungsdienst mitMENSCHen GmbH und die Menschen in Simmerath und Umgebung liegen uns am Herzen. Wir freuen uns über einen positiven Austausch zu dem Thema und möchten gerne damit auf uns aufmerksam machen, um den Menschen in Simmerath von unserem Angebot erzählen zu können! Mit freundlichen Grüßen Elena Schleth und Susanne Kockartz mitMENSCHen GmbH 0176/32335842 Info@betreuungsdienst-mitmenschen.de

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