Klimawandel: Simmerath handelt

Die Gemeinde Simmerath ist schon jetzt kommunaler Vorreiter zur Eindämmung des Klimawandels. Doch was genau macht Simmerath? Darüber sprechen wir mit Bürgermeister Bernd Goffart. Und so viel schonmal vorab: erstaunlich, was man im Kleinen – mit ziemlich großer Strahlkraft – alles bewirken kann. 

Herr Goffart, welche Bedeutung hat für Sie das Thema Klimawandel? 

„Die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel ist für uns alle DAS Thema. Es geht darum unsere Zukunft aktiv in die Hand zu nehmen und gegenzusteuern. Vor allem wenn man in einer Position mit Verantwortung ist, gilt es, nicht nur zu reden, sondern auch aktiv zu handeln und umzusetzen.“

“ Nur gemeinsam können wir ein Umdenken erzielen und so den Klimawandel und seine negativen Auswirkungen aufhalten.“ 

Welche Maßnahmen werden aktiv von der Gemeinde ergriffen?

„Simmerath betreibt aktuell 22 Windanlagen. Mithilfe von Wind, Biogas und Solarenergie erwirtschaften wir 184% Prozent unseres Strombedarfs. Das heißt, wir produzieren mehr, als wir selber benötigen.“

Gilt das nur für Privathaushalte oder auch Gewerbe und Unternehmen?

„Alle. Der regenerative Strom speist ganz Simmerath, egal ob private Haushalte oder Unternehmen.“ 

Und was passiert mit dem Strom, der zu viel produziert wird? 

„Den exportieren wir als umweltfreundliches Stromerzeugnis ins Stromnetz. Demnächst sollen weitere zehn moderne Windanlagen im Gemeindegebiet hinzukommen. Somit können wir mehr als 300% des Strombedarfs durch regenerative Energieträger decken.“

Ein lukratives Geschäft? 

„Ja, für alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde. Das Gesamtkonstrukt aus Pachteinnahmen, Gewinnbeteiligungen, zusätzlichen Gewerbesteuern der Betreiberfirmen und auch über die 0,2 Cent je produzierte Kilowattstunde, die vom Bund als Anreiz zum Aufbau von Windanlagen gezahlt werden: durch die Windanlagen generieren wir hohe Einnahmen, die in unseren Haushalt einfließen. Das Ergebnis: unsere Gewerbesteuer ist erheblich niedriger als in umliegenden Gemeinden. Der Grundsteuerhebesatz ist teilweise nur halb so hoch wie in anderen Orten. Deshalb sind für mich unsere Windparks „echte Bürgerwindparks“, da jeder Bürger im Gemeindegebiet etwas davon hat.“

Foto: @GemeindeSimmerath, Windpark Michelshof in Strauch

Ist Simmerath Vorbild für andere Kommunen?

„Ja absolut. Einmal die finanziellen Vorteile für jeden Einzelnen in der Gemeinde, , dann die echte und vorbildliche Vermeidung von CO²-Ausstoß Im nächsten Jahr werden insgesamt  4,8% unserer Flächen als Windkraftkonzentrationsfläche ausgewiesen sein. In Deutschland liegt das Ziel bei 2%, d.h. wir sind jetzt schon weit über dem Ziel und damit Nummer 1 in NRW.“

Welche weiteren Maßnahmen stechen in Simmerath als klimafreundlich hervor?

„Neben dem Ausbau regenerativer Energien verfügen wir durch unseren Wald über sogenannte CO2-Ausgleichsflächen. Diese Ausgleichsflächen dienen dazu, den CO2-Fußabdruck zu kompensieren. Jeder Deutsche hat durchschnittlich einen CO2-Fußabdruck von 10,8 Tonnen pro Jahr. Rechnet man das hoch auf unsere Gemeinde mit 15.741 Einwohnern ergibt das eine Summe von 170.000 Tonnen CO2-Verbrauch pro Jahr nur durch unsere Gemeinde. Die ökologisch bewirtschafteten Waldflächen sowie unser Ausbau bei den Windkraftanlagen tragen dazu bei, dass wir unseren CO2-Verbrauch zukünftig mehr als ausgleichen.“

Was ist Simmeraths Rezept, dass die Bevölkerung die Maßnahmen mitträgt?

„Bei allen Maßnahmen ist uns die Akzeptanz der Bürger/innen wichtig. Wir achten darauf, dass wir z.B. die Windräder nicht einfach den Leuten vor die Tür setzen. Natürlich gab es auch in Simmerath zu Beginn Gegner. Doch mit ehrlicher und offener Kommunikation konnten die Bedenken ausgeräumt werden. Aber wie oben dargelegt: unser Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels und auch die finanziellen Anreize für jeden im Gemeindegebiet machen das ganze attraktiv. „

Übersicht Simmeraths Beitrag zu mehr Klimaschutz:

  • 184% regenerativ erzeugten Strom durch aktuell 22 Windkraftanlagen, 2 Biogasanlagen, Solarenergie  
  • In Planung: 8-10 weitere Windkraftanlagen, Ausbau von Solarparks; Ziel: Erzeugung von 300% regenerativen Strom zur Deckung des Eigenbedarfs sowie Export ins deutsche Stromnetz 
  • Nationalpark und ökologische Waldwirtschaft: CO2-Ausgleichsflächen
  • Region Simmerath: beste Luft in NRW
  • Wasserschutzgebiet in Simmerath: beste Nitratwerte in NRW 
  • Artenschutz durch Ausweitung von Blühwiesen und spätem Mähen der Ränder
  • Passivhausstandard der Sekundarschule: 1 von 2 Schulen in NRW
  • Neugestaltung der Promenade in Rurberg: Entsiegelung von Flächen: Sand statt Teer 
  • Verbot von Schottergärten in Neubaugebieten
  • Anschluss an ökologische Heizmöglichkeiten in Gewerbegebieten 
  • 2 Nahwärmenetze: Heizkraftwerk und DGH
  • Holzkompetenzzentrum in Simmerath: 
    Forschung für innovatives Bauen aus Holz mit Schwerpunkt auf Hochhausbau und Brückenbau
  • Ausbau des ÖPNV-Angebotes u.a. mit dem Netliner bis zur „letzten Meile“
  • Ausbau Park & Ride Angebot
  • E-Mobilität in der StädteRegion: größter Pro-Kopf Anteil in Gemeinde Simmerath
  • Starkes Einzelhandelszentrum für die Region
  • Umstieg Gemeinde auf E-Fahrzeuge
  • Glasfasernetz bis ins Haus, damit Homeoffice möglich: Weg zur Arbeit wird gespart
  • Arbeitsplätze vor Ort: kurze Wege zur Arbeitsstelle 

Vielen Dank für das Gespräch.

Weitere interessante Beiträge über die Gemeindearbeit oder auch was in Simmerath los ist, findet ihr auf unserem Blog oder auch im aktuellen So simmer Magazin.

Und hat Dir dieser Beitrag gefallen?

Kommentare

Ein Ehre für Simmerath: Windparks mit Vorbild-charakter | Der Simmerath Blog am 10.10.2023
[…] Interview „Klima-Aktivitäten“ der Gemeinde Simmerath […]

Dein Kommentar