…bei den Schönen und Reichen

Einen Sommer lang arbeitet Elise für das gesellige Paar Margaux und Philippe in deren Ferienhaus in der Normandie. Fasziniert von den vielen illustren Gästen in der Domaine de Tourgéville, vom Leben, Wesen und der Ehe der Leclercs, wird die junge Frau zur eindringlichen Beobachterin von Sein und Schein. Sie erlebt ein Panoptikum der menschlichen Täuschungen, begreift, dass das Streben nach Glück und die Bereitschaft zum Betrug zwei Seiten derselben Medaille sind. Eines Abends jedoch wird die Gelassenheit dieses Sommers jäh und derart umfassend erschüttert, dass es auch Elises Leben für immer prägt. (Piper)

Was ich sah, waren ein Mann und eine Frau, die nicht alles miteinander teilten, die miteinander zu schweigen gelernt, trotzdem aber ein fundamentales Interesse am anderen hatten. Was ich damals nicht sah, eine Zeit lang nicht hatte sehen können, war, dass auch ein Band der Schuld sie seit Beginn ihrer Liebe aneinanderkettete.

Ein Buch als Zeitkapsel

Elise, die Tochter einer französischen Mutter und eines deutschen Vaters, erzählt die Geschichte jenes Sommers aus der Retrospektive. Sie selbst, Mitte fünfzig, erfolgreich als Schriftstellerin, blickt zurück auf sich als Vierundzwanzigjährige, die diese kurze Zeitspanne zwischen Studienabschluss und Berufseinstieg nicht vergessen kann und die es schließlich an den „Tatort“ der Ereignisse zurückzieht.

Eine ältere Frau versucht, den emotionalen und intellektuellen Aufruhr in Worte zu fassen, der sie in der Jugend gepackt hatte. Sie hatte einschneidende Erfahrungen gemacht in diesem Sommer 2019, auf den schnell der Stillstand folgte, der Lockdown, den die Pandemie im folgenden Jahr über Frankreich und Europa verhängte.

Die Pandemie und die großen Themen unserer Zeit

Die Jahrzehnte danach bleiben dabei ausgespart, nur die großen – für uns aktuellen – Debatten sind präsent in dem Buch, in den Abendgesellschaften: Antisemitismus, Islamismus und Migration, Populismus und Polizeigewalt, soziale Medien und Verschwörungserzählungen, Terrorismus.

Die Nächte in der Domaine mit ihrer Debattenkultur können nicht kaschieren, wie hart die sozialen Brüche in der französischen Gesellschaft sind. Allein der deutsche Franzose Doron, Elises Onkel, ist eine Figur der Vermittlung und Versöhnung. (Fritz Göttler, SZ)

„Er hatte jedem Einzelnen das Gefühl gegeben, gemeint, gefragt, wichtig zu sein, und, als er abgereist war, jeden auf sich zurückgeworfen, auf unser gewohntes Nebeneinander, auf das unbefriedigende Feld kreisrunden Denkens, der Eindimensionalität und des bequemen Schweigens.“

Kluger Konversationsroman

Husch Josten beweist, dass es ihn noch gibt, den klassischen Konversationsroman. Mit Elise lauschen wir den Plaudereien, mal derben, mal spitzfindigen Unterhaltungen und Diskussionen bei den Soireés auf dem normannischen Landsitz. Im Laufe der Geschichte erweist sich die Erinnerung an jeden Gast, an jede Typbeschreibung, an jede Allüre als essentiell, damit sich eins zum anderen fügt. Und dennoch ist das Ende des Romans unvorhersehbar und überraschend.

LESUNG IM RAHMEN DER LIT.EIFEL
am 10. Juni 2022, 19:30 Uhr, Gemeindebücherei Simmerath

Büchertisch: Buchhandlung Backhaus

Tickets – zu 12,00 € / 6,00 € ermäßigt – sind erhältlich:

Autorinnenfoto: Charlotte Josten

Die Lesung wird gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW aus Mitteln der Regionalen Kulturpolitik.

Husch Josten

Eine redliche Lüge

ISBN: 978-3-8270-1440-5

Berlin-Verlag 2021

240 Seiten

Hardcover 20,00 €, E-Pub 16,99 €

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